Ab sofort warnt „Herr Wims“ vor Hochwasser

Ein erweitertes Messpegel-System sorgt für noch genauere Prognosen – per Handy oder Computer auch für jeden Bürger.

Von Gunnar Saft | Sächsische Zeitung

Die Experten im sächsischen Landeshochwasserzentrum wissen es nur zu gut: Nach der Flut ist auch immer vor der Flut. Umso mehr freuten sie sich, dass sie gestern ein in der Form europaweit einzigartiges System in Betrieb nehmen konnten: Das neue Hochwasserinformations- und Managementsystem – HWIMS.

Behördenintern wurde dieses längst auf „Herr Wims“ getauft, und es ist dann zum Glück auch wesentlich flexibler, als es sein sperriger Name vermuten lässt. So umfassen seine Messdaten und die darauf basierenden Prognosen nun neun, statt wie bisher nur sieben Flussgebiete in Sachsen. Und es schlägt im Fall der Fälle von dort aus nicht pauschal Alarm, sondern genau aufgeteilt auf die jeweilige Lage in insgesamt 54 einzelnen Warngebieten. Damit kann ab sofort verhindert werden, dass zum Beispiel bei lokalem Starkregen im Westerzgebirge automatisch Warnmeldungen für das gesamte Gebiet der Zwickauer Mulde, der Freiberger Mulde und der Vereinigten Mulde herausgehen. Vielmehr werden die Verantwortlichen für den Katastrophenfall und auch betroffene Bürger exakt darüber informiert, wo Hochwasser in welcher Höhe droht und wo es absehbar ruhig bleibt. Das schont sowohl Nerven als auch Ressourcen, um in den tatsächlich gefährdeten Gebieten zügig Schutzmaßnahmen einzuleiten und Menschen zu evakuieren.

Belastungstest bestanden

Seit 2004 sind die Mitarbeiter des Landeshochwasserzentrums in Dresden-Klotzsche dafür verantwortlich, rund um die Uhr Wasserstände zu kontrollieren und bei drohenden Überflutungen so schnell wie möglich zu warnen. Weil man im Gegensatz zu anderen Anbietern die eigenen Daten vor der Veröffentlichung noch einmal qualifiziert prüft und interpretiert, gelten die sächsischen Prognosen mittlerweile als äußerst exakt. Fünf Millionen Euro investierte der Freistaat zuletzt, um dieses System ständig zu verbessern. Mit „Herrn Wims“ habe man nun den aktuellsten Stand der Technik erreicht, heißt es stolz. Auch was sich bei früheren Fluten noch als Problem erwies – die Kommunikationskette mit den jeweiligen Katastrophenverantwortlichen vor Ort – wurde vereinfacht. Die Warnmeldungen der Landeszentrale lassen sich nun auf vielen Wegen bestätigen. So kann man auch per SMS, Mail, Sprachnachricht oder Handy nach Dresden-Klotzsche signalisieren, dass alle wichtigen Informationen angekommen sind. Die Zeiten, wo längst abgesoffene Faxgeräte oder geänderte Telefonnummern für unnötige Verwirrung sorgten, sollen damit vorbei sein.

Nutzen können die neue Hilfe von „Herrn Wims“ aber nicht nur Kommunen und Behörden, sondern auch jeder Bürger. Per internetfähigem Telefon oder Computer können alle relevanten Wasserstände und Flutprognosen in Echtzeit abgerufen werden. 2016 soll das noch komfortabler erfolgen. Dann will Sachsen mit den anderen Bundesländern eine gemeinsame App für Smartphones anbieten, die einen bundesweiten Überblick ermöglicht. Weil aber nicht jeder über einen Internetanschluss verfügt oder die Technik ausfallen kann, lässt sich „Herr Wims“ auch anrufen. Dann erfolgen automatisierte Ansagen.

Bereits getestet wurde eine enorme Belastung des Systems, das in Notfällen mit über 4,5 Millionen Anfragen pro Stunde zurechtkommen muss. Das Ergebnis: Es klappt. Herbert Wolff, Staatssekretär im Umweltministerium, verweist darauf, dass Sachsen schon 2,1 Milliarden Euro in den Hochwasserschutz investiert hat. Angesichts der Wichtigkeit dieser Aufgabe dürfe man aber nicht innehalten. Zurzeit laufen Gespräche mit dem Finanzminister über zusätzliches Personal, um das neue System jederzeit mit ausreichend Daten versorgen zu können. Eine Zusage steht noch aus.

www.hochwasserzentrum.sachsen.de

Ansicht des erneuerten LHWZ-Webportals.
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